Wissenschaft und Kritik - Physik
Hundert Jahre moderne Physik
09.04.2000
Die Physik des 20. Jahrhunderts gilt als die moderne Physik. Es ging um eine Krisenbewältigung. In den letzten hundert Jahren hat die fundamentale Naturwissenschaft Physik eine teilweise sehr seltsame und
somit sehr nachdenkenswerte Entwicklung genommen. Zum Ausgang des 19. Jahrhunderts kriselte es gewaltig, zu jener Zeit etwa, als man sich im Besitz aller grundlegenden Erkenntnisse wähnte.
Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts waren es die neuen Theorien vom Raum, von der Zeit und von der Materie sowie den atomaren und subatomaren Strukturen, die einen Weg aus der Krise zu weisen schienen.
Die Jahre danach bescherten uns unter anderem die technische Nutzanwendung eben jener Erkenntnisse: von Hiroshima und Nagasaki bis Tschernobyl, vom Transistor bis zum Mikroprozessor und vom Laser bis zur
Atomuhr. Nichts schien unmöglich.
Und weil die Erfolge - und auch die "Erfolge" - von Wissenschaft und Technik die Richtigkeit der Theorien offensichtlich bestätigten, kam kein Physiker auf die absurde Idee, daß möglicherweise
die Physik - im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts - in eine neue Krise zu stolpern begann, die, bei Licht besehen, nur die nicht bewältigte Krise von vor hundert Jahren war. Und dies neue alte Krise
manifestiert sich u.a. in der immer aufwendiger werdenden experimentellen Forschung, wobei die Ergebnisse äußerst bescheiden zu nennen sind. Das Theoriengebäude der Physik weist nach wie vor logische
Ungereimtheiten auf, die bislang nicht beseitigt werden konnten. Und Aussagen über die Welt als Ganzes und die Struktur der Materie sind dermaßen spekulativ, daß man sich darüber nur wundern kann. Die
aufwendige und sehr weitgehend arbeitsteilige Forschung spottet
jeglichem Einheitsbestreben. Dabei war es - und ist es immer noch - das Ziel, zu einer möglichst einheitlichen und geschlossenen
Darstellung der Physik zu gelangen. Man ist der Meinung, daß alle anstehenden Probleme - und davon gibt es mehr als genug -
durch entsprechende materielle und personelle Aufwendungen lösbar sind. Die Erfolge des bisher beschrittenen Weges legt diese
Vermutung nahe. Nun wäre es aber möglich, daß sich dieser Glaube als falsch herausstellen könnte. Es ist durchaus denkbar, daß dieser Weg sich als Sackgasse erweist.
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