Welle oder Teilchen - Begriffe
Zunächst möchte ich Einstein zu Wort kommen lassen (Annalen der Physik 17/1905, „Über einen die Erzeugung und Verwandlung des Lichtes betreffenden heuristischen Gesichtspunkt“).
Die mit kontinuierlichen Raumfunktionen operierende Undulationstheorie des Lichtes hat sich zur Darstellung der rein
optischen Phänomene vortrefflich bewährt und wird wohl nie durch eine andere Theorie ersetzt werden. Es ist jedoch im Auge zu behalten,
dass sich die optischen Beobachtungen auf zeitliche Mittelwerte, nicht aber auf Momentanwerte beziehen, und es ist trotz der vollständigen
Bestätigung der Theorie der Beugung, Reflexion, Dispersion etc. durch das Experiment wohl denkbar, dass die mit kontinuierlichen
Raumfunktionen operierende Theorie des Lichtes zu Widersprüchen mit der Erfahrung führt, wenn man sie auf die Lichterzeugung und Lichtverwandlung
anwendet. Es erscheint mir nun in der Tat, dass die Beobachtungen über die „Schwarze
Strahlung“, Photoluminiszenz, die Erzeugung von Kathodenstrahlen durch ultraviolettes Licht und andere die Erzeugung bzw. Verwandlung Lichtes betreffende
Erscheinungsgruppen besser verständlich erscheinen unter der Annahme, dass die
Energie des Lichtes diskontinuierlich verteilt sei. Nach der hier ins Auge zu fassenden
Annahme ist bei Ausbreitung eines von einem Punkte ausgehenden Lichtstrahles die
Energie nicht kontinuierlich auf größer und größer werdende Räume verteilt, sondern
es besteht dieselbe aus einer endlichen Zahl von in Raumpunkten lokalisierten
Energiequanten, welche sich bewegen, ohne sich zu teilen und nur als Ganze absorbiert und erzeugt werden können.
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Solches war zu lesen anno 1905. Mehr als 95 Jahre sind vergangen, sodass man denken möchte, der genannte Widerspruch müsste auf die eine
oder andere Weise gelöst worden sein. Natürlich ist jedem bekannt, dass dieser Widerspruch eben nicht gelöst werden konnte. Zweifelsohne
scheint die klassische Feldtheorie mit vielen quantitativen Relationen zurechtzukommen. Bilden aber die mathematischen Felder (elektromagnetisches
Feld und Gravitationsfeld) objektiv reale Entitäten ab oder sind sie mathematische Modelle, die unter bestimmten Bedingungen ausschließlich quantitative Beziehungen repräsentieren?
Oder anders gefragt: Sind innerhalb ihres Gültigkeitsbereiches quantitativ adäquate Modelle notwendig auch qualitativ richtige Abbilder? - Die
Schwierigkeit der Physik besteht leider darin, dass eine solche Unterscheidung meines Wissens bisher überhaupt nicht (zumindest nicht von
Physikern) getroffen wurde. Ein altbekanntes Beispiel für die sinnvolle Unterscheidung von quantitativem Modell und qualitativer Aussage bildet das Ptolemäische „Welt-“System. Das
Ptolemäische System lag zunächst qualitativ - aus unserer rückblickenden Perspektive - „voll daneben“,
dennoch konnte es im Rahmen der damals gegebenen Beobachtungsgenauigkeiten die Anforderungen seinerzeit recht ordentlich erfüllen.
Ungenauigkeiten wurden durch die Epizykeln ausgebügelt. (Mit Hilfe solcher speziellen Ad-hoc-Annahmen kann letztendlich jede qualitativ falsche Theorie
den praktischen Erfordernissen mit der jeweils gewünschten Genauigkeit „angepasst“ werden!) Ein weiteres Beispiel für die
notwendige Unterscheidung von qualitativer Erkenntnis und quantitativem Modell möchte ich anhand der folgenden zwei Aussagen veranschaulichen,
wobei ich „Licht“ stellvertretend für alle „elektromagnetischen Wellen“ setze:
- Das Licht ist eine sich wellenförmig im Raum ausbreitende Erscheinung.
- Das Licht ist eine Erscheinung, welche sich unter bestimmten Bedingungen mit Hilfe des Wellenmodells quantitativ näherungsweise beschreiben lässt.
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Die Aussage 1. ist entweder wahr oder falsch.
Der Satz 2. ist eindeutig wahr, wenn wir in der Lage sind, „bestimmte Bedingungen“ sowie „näherungsweise“ eindeutig zu spezifizieren. Diese
Abgrenzungen können durchaus empirisch erfolgen. Und was den ersten Satz betrifft, so kann auch hier uns die Erfahrung lehren, ob er wahr ist oder nicht. Die Frage
„Welle oder Teilchen?“ muss also auf zwei Ebenen, der qualitativen Ebene (Satz 1.) und der quantitativen (Satz 2.), geklärt
werden, wobei es hilfreich ist, sich zunächst mit den Begriffen „Welle“ und „Teilchen“ (oder „Massepunkt“) näher zu befassen. (Auf die
„Quanten“ komme ich auch noch zurück.) Zunächst die hoffentlich einigermaßen korrekte und vollständige Definition des Wellenbegriffes:
Eine Welle ist ein Prozess, bei dem Energie in Form von Schwingungen, von einer Quelle
ausgehend, sich im Raum ausbreitet, ohne dass damit ein Transport von Materie verbunden ist
. Aber ein materieller Träger als Medium wird benötigt, welcher im allgemeinen ein
Pseudokontinuum bildet. Wellen sind eindeutig durch bestimmte Eigenschaften charakterisiert.
Diese Eigenheiten werden mit Interferenz, Reflexion, Beugung und Refraktion beschrieben und
sind unabhängig vom konkreten Charakter der Welle (Wasserwelle, Schall usw.).
Erscheinungen, bei denen all diese Effekte beobachtet werden können, sind damit eindeutig
als Wellenerscheinungen identifiziert. Die wichtigsten - voneinander abhängigen - Parameter
sind Wellenlänge, Ausbreitungsgeschwindigkeit und Frequenz.
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Hier taucht der Begriff „Pseudokontinuum“ auf. Dies will sagen, dass einerseits sich die mathematischen Modelle (Stichworte u.a.: Vektoranalysis und
partielle Differentialgleichungen) eindeutig auf Kontinua beziehen, aber alle mechanischen Wellen real aus gekoppelten
diskreten Oszillatoren (Atome und Moleküle sowie den sich aus diesen konstituierenden Strukturen) bestehen. Die makroskopischen Eigenschaften der Medien
, in denen sich mechanische Wellen ausbreiten, sind durch deren Elastizitätsverhalten zu beschreiben. Mechanische Wellen in Stoffen
werden vollständig beherrscht. Schwierigkeiten bereiteten lediglich die elektromagnetischen Wellen.
Wenn das Licht eine Wellenerscheinung sein soll, so bedarf es eines materiellen Substrats, ohne das eine Wellenausbreitung anscheinend undenkbar
ist. Dieses Medium wurde „Äther“ genannt. Jener Äther jedoch entzog sich einst einem von elektromagnetischen Erscheinungen unabhängigen Nachweis. Daraufhin übernahm das
„elektromagnetische Feld“ seine Rolle als eigenständige „den Raum ausfüllende“ Entität. Damit hatte man
dem Äther aber lediglich einen anderen Namen verpasst, mit dem Hinweis darauf, dass es sich bei den elektromagnetischen Wellen nicht um die Ausbreitung mechanischer
Schwingungen in einem mechanischen Medium handelt, was aber an den Tatsachen überhaupt nichts ändert. Jedenfalls beschreiben die Maxwell
schen Gleichungen ein exaktes Kontinuum, welches irgendwie objektiv real „den Raum ausfüllt“.
Welchen Namen man diesem Kind nun gibt, ist m. E. völlig unerheblich. Jedenfalls existiert im Sinne der traditionellen Physik eine kontinuierliche
materielle Struktur innerhalb des unstrukturierten (homogenen und isotropen) Raumkontinuums, die sich der unmittelbaren Anschauung entzieht,
und deren Existenznachweis indirekter Natur ist. Der Unterschied zum ursprünglichen lichtleitenden Äther besteht darin, dass die
elektromagnetischen Phänomene eigenständige Qualitäten bilden und nicht auf mechanische Zusammenhänge reduziert werden können. Diese
“qualitative Kluft” wird in der Existenz der “elektrischen Ladungen” bereits vom Ansatz her akzeptiert. Die historisch älteren Erklärungsansätze
elektrischer Phänomene ließen immer den Versuch erkennen, Elektrizität und Magnetismus als mechanische Erscheinungen zu deuten. Diese
Versuche führten jedoch nicht zu dem gewünschten Erfolg.
Ein weiterer wichtiger Begriff der klassischen Mechanik ist der des Massepunktes. Eine eindeutige Definition wird etwas umständlicher ausfallen.
Vielleicht kommt folgende Aufzählung, stellvertretend für eine korrekte Definition, einer solchen einigermaßen nahe:
„Teilchen“ oder „Massepunkte“ sind Abstraktionen, welche in der klassischen Mechanik zu
recht brauchbaren Ergebnissen führten. Ein solches Teilchen besitzt ganz bestimmte Eigenschaften:
- Ein Teilchen ist durch seinen Aufenthaltsort gekennzeichnet (im allgemeinen durch die
Angabe dreier Koordinaten in einem Koordinatensystem).
- Ein Teilchen besitzt als wichtige Eigenschaft die Masse. (Mit dieser Sache hatten wir
uns schon befasst.)
- Neben der Angabe der Raumkoordinaten ist ferner die Spezifizierung der momentanen
Änderung dieser Koordinaten durch Bestimmung der drei Geschwindigkeitskomponenten erforderlich. Die Hälfte des Produktes aus dem
Quadrat des Betrages der Geschwindigkeit mit der Masse heißt kinetische Energie. Die
aus der Geschwindigkeit (als vektorielle Größe) mit der Masse multiplizierte vektorielle
Größe wird als Impuls oder Bewegungsgröße bezeichnet.
- Neben den bereits genannten Bestimmungen wird ein Teilchen durch Eigenschaften
gekennzeichnet, welche auch „Ladungen“ genannt werden und die für das konkrete
Wechselwirkungsverhalten (Felder) verantwortlich sind, indem auf die miteinander wechselwirkende Massen Kräfte ausgeübt werden.
- Alle aufgeführten Zusammenhänge dürfen auch auf komplexe Systeme angewandt
werden, wenn deren konkrete Struktur keinen unmittelbaren Einfluss auf das gerade
benannte Wechselwirkungsverhalten hat und jene Struktur nicht oder nicht irreversibel
bei der Wechselwirkung mehrerer „Teilchen“ sich verändert. Hierbei gilt der
Schwerpunkt des Systems als der Ort des Systems, in welchem die Summe der Massen als Gesamtmasse gedacht wird.
- Außerdem können „Teilchen“ mit weiteren Eigenschaften behaftet sein, von denen bei
der Betrachtung der Mechanik des „Teilchens“ abgesehen werden darf; und die „innere
Dynamik“ beeinflusst nicht das äußere Verhalten. Auf alle Objekte gerade bezeichneter
Art sind unter bestimmten Bedingungen die Newtonschen Bewegungsgesetze
anwendbar. (Was es mit letzteren auf sich haben könnte, bedarf der genaueren Analyse.)
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Repräsentiert das Photon nun eine Welle (vgl. obige Definition) oder ein „Teilchen“ im Sinne gerade formulierter Aufzählung? - Schon diese
Fragestellung erscheint jetzt etwas eigenartig. Doch wollen wir uns ein Experiment ausdenken, welches, gewissermaßen das experimentum crucis ist
für die Entscheidung: Welle oder Teilchen. Das wohl berühmteste Experiment, welches die „Doppelnatur“ des Lichtes in allen Konsequenzen
wahrhaft sichtbar macht, ist das Doppelspalt-Experiment. Folgende Skizze soll das allseits bekannte Prinzip andeuten, wobei ich auf technische Details keinen Wert lege.
Um die Sache übersichtlich zu gestalten, schicken wir die Objekte unseres Unverständnisses einzeln auf die Reise. Der Gesamtprozess des
Aussendens des Photons lässt sich in folgende Teilprozesse aufgliedern:
- Das Aussenden der Photonen vom Sender (Prozess Pr. 1).
- Das Photon bewegt sich vom Sender zur Blende (Prozess Pr. 2).
- Das Photon bewegt sich durch den/die Spalt(e) (Prozess Pr. 3).
- Das Photon bewegt sich von der Blende zum Schirm mit der fotografischen Platte (Prozess Pr. 4).
- Das Photon trifft auf ein Silberbromidmolekül der fotografischen Schicht (Empfänger), was zur Freisetzung elementaren Silbers (Schwärzung) führt (Prozess Pr. 5).
Hier allerdings handeln wir uns einige Probleme ein, die so leicht sich nicht vom Tisch wischen lassen. Nehmen wir dabei also an, dass die Teilchen in
größeren Zeitabständen einzelnen die Quelle verlassen (damit wir deren mögliche Wechselwirkung untereinander ausschließen und den Vorgang
besser verfolgen können), wobei die auf der Fotoplatte erzielten Treffer zunächst kein System erkennen lassen. Es lässt sich absolut nicht
voraussagen, an welcher Stelle ein Photon ein Silberbromidmolekül treffen wird und dabei ein Silberatom freisetzt; es regiert der blinde Zufall. Erst
eine Vielzahl von Einzelversuchen führt zu unserem hinlänglich bekannten Beugungsbild, welches eigentlich charakteristisch ist nur für Wellen und
darauf schließen lässt, dass der Zufall nicht „völlig blind“ ist.
All das könnte man gerade noch ertragen, wäre die Wahrscheinlichkeitsverteilung auf dem Schirm (hier der Fotoplatte) nicht davon abhängig, ob
Spalt 1 oder Spalt 2 oder beide offen sind. Nach menschlichem Ermessen müsste die Wahrscheinlichkeitsverteilung hinter dem Doppelspalt die
lineare Überlagerung der Verteilungen mit nur jeweils einemSpalt ergeben. Folgendes Dilemma zeichnet sich ab:
- Entweder es gilt die Wellen-Hypothese, dann ist letztgenanntes Phänomen kein unerklärliches. Dies jedoch steht in Unstimmigkeit zur
Tatsache, dass ein Photon genau ein Silberbromidmolekül trifft - wir wissen nur nicht vorher welches. Der Treffer ist im Nachhinein eindeutig lokalisiert.
- Wenn wir aber ein (möglicherweise modifiziertes) Teilchenmodell favorisieren, dann ist absolut nicht erklärlich, wieso das Trefferbild mit
Doppelspalt nicht einfach durch das Übereinanderlegen der beiden Platten zustandekommt, welche mit nur je einem offenen Spalt belichtet wurden.
Betrachten wir den Vorgang jetzt nur aus der Sicht des Aussendens des Teilchens (Prozess Pr. 1) und des Empfangens (Prozess Pr. 5), so müssen
wir zunächst akzeptieren, dass das einzelne Teilchen von einem bestimmten Ort (während des Aussendens) zu einem anderen Ort (auf der
Fotoplatte) gelangt. Ohne die dazwischen liegende Blende mit dem Doppelspalt finden wir ein recht einleuchtendes Trefferbild. Wenn wir also von
der Flugbahn reden - auch dann, wenn sie nicht mit absoluter Genauigkeit im herkömmlichen Sinne bestimmbar ist -, so müssten wir davon ausgehen
, dass - je nach konkreten Anfangsbedingungen - das Teilchen entweder den einen oder den anderen Spalt durchquert. Nur, wie ist dann die
konkrete Verteilung auf der Fotoplatte zu erklären? - Eine Welle teilt sich bekanntlich vor dem Doppelspalt, um nach dem Durchqueren die
getrennten Wellenzüge sich wieder dergestalt überlagern zu lassen, dass unsere ominösen Interferenzstreifen entstehen. Ein Teilchen aber kann nur
entweder den einen Weg nehmen oder den anderen, und es kann auch nicht „wissen“, welchen Weg das Teilchen vor ihm genommen hat. (Genau
das ist das eigentliche Problem.)
Diese Schwierigkeit der gedanklichen Durchdringung führte zu verschiedenen Auslegungen. Hier sei zunächst das Bohrsche Komplemtaritätsprinzip
genannt. Die Quantenobjekte verhalten sich entweder wie Teilchen oder wie Wellen. Beide - komplementäre - und einander widersprechende, sich
jedoch ergänzende, Verhaltensweisen legen jene Objekte an den Tag je nach dem, in welchem Zusammenhang sie beobachtet werden. Der
Beobachtungsprozess selbst beeinflusst die Eigenschaften der zu beobachtenden Objekte. Beide komplementären Bilder sind zwei Seiten einer
Medaille. Nur: Kein Mensch kann sagen, um was für eine Medaille es sich dabei wirklich handelt!
Kommen wir wieder auf unser Doppelspaltexperiment zurück und dessen wahrscheinlichkeitstheoretischer Deutung. Welchen Weg also wird ein
Teilchen nehmen? Durch welchen Spalt wird es sich bewegen? - Sagen wir, die Wahrscheinlichkeit, den ersten Spalt zu durchqueren beträgt 0,1 und
für den anderen ebenfalls 0,1. Mehr können wir nicht aussagen. Auch können wir nur Wahrscheinlichkeiten angeben für das Auftreffen auf einen
bestimmten Bereich auf der Platte. Während des ganzen Fluges von der Quelle zum Ziel wissen wir nicht, wo sich ein Teilchen wirklich aufhält. Die
Flugbahn ist über einen bestimmten Bereich „verschmiert“. Nur Aussagen über den möglichen Aufenthaltsort mit einer bestimmten
Wahrscheinlichkeit lassen sich treffen. Es könnte sein, dass... Diese Möglichkeit jedoch wird dann zur Gewissheit, ist das Teilchen endlich am Ziel
angelangt. Das getroffene Silberatom ist 100-prozentig entstanden, und es existiert nicht nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit. Im
Sprachgebrauch der Quantentheoretiker heißt dies auch: „Die Wellenfunktion ist kollabiert“. Nur in dieser letzten Stufe (Prozess Pr. 5) unseres
Experimentes die Möglichkeit zur Wirklichkeit. Das Auftreffen des Teilchens auf das Ziel beendet jene Ungewissheit, die zuvor bestand. Dies genau
ist angeblich jener Beobachtungsprozess, der die Möglichkeit „festnagelt“. Nicht das Teilchen als solches besitzt diese oder jene Eigenschaft,
sondern erst die Wechselwirkung mit der Messeinrichtung bestimmt das Verhalten der Objekte. Zu diesen Messeinrichtungen gehören der
Doppelspalt und auch die Fotoplatte selbst. Die Wechselwirkung mit dem Doppelspalt zeigt die Wellennatur unserer Objekte, und die
Wechselwirkung mit dem Silberbromidmolekül offeriert uns dessen Teilchencharakter.
Diese Aussagen beinhalten sinnvolle Gedanken, die aber noch ergänzt und - korrigiert werden müssen. Die Korrekturen betreffen die
„subjektivistische Entgleisung“, die mit der genannten Interpretation anscheinend einhergeht. Letztendlich - so argumentierte man - entscheidet nicht
das objektiv-reale Geschehen das was wir beobachten, sondern unsere subjektiv erdachte und realisierte Versuchsanordnung darüber, was wir
wirklich vor uns haben: Eine Wellenerscheinung oder ein korpuskulares Objekt - je nach dem. Der Beobachter bestimmt (mit), was zu beobachten sein wird.
Hiermit sind wir also in der Lage, zu demonstrieren, welch logische Verrenkungen angeblich notwendig sind, um real gegebene Erscheinungen zu
deuten, bzw. die Widersinnigkeiten aufzuzeigen, welche an die gängigen Interpretationen geknüpft sind. Das einzelne Objekt zeigt bei der
Wechselwirkung mit der - makroskopischen - Messeinrichtung das eindeutig beobachtbare, statistisch gedeutete, Wellenverhalten. Um es etwas
deutlicher zu formulieren: Nicht unsere Unkenntnis ist es, die nur Wahrscheinlichkeitsaussagen zulässt, sondern das Teilchen selbst „weiß“ erst wo es
sich befindet, hat es das Ziel erreicht. Vorher „existiert“ es nur als diffuse „Wahrscheinlichkeitswolke“, welche die Wahrscheinlichkeit angibt, mit der
es sich in einem gegebenen Raumbereich aufhält.
Lesen wir bei Werner Heisenberg nach, so ist uns auch nicht wirklich geholfen, die Angelegenheit etwas klarer zu sehen, obwohl Heisenberg sich
gegen den angeblichen Subjektivismus der Quantenmechanik verwahrte (Quantentheorie und Philosophie, Stuttgart 1990, S. 56 f.):
Der Übergang vom Möglichen zum Faktischen findet also während
des Beobachtungsaktes statt. Wenn wir beschreiben wollen, was in
einem Atomvorgang geschieht, so müssen wir davon ausgehen, dass
das Wort „geschieht“ sich nur auf die Beobachtung beziehen kann,
nicht auf die Situation zwischen zwei Beobachtungen. Es bezeichnet
damit den physikalischen, nicht den psychischen Akt der Beobachtung,
und wir können sagen, dass der Übergang vom Möglichen zum
Faktischen stattfindet, sobald die Wechselwirkung des Gegenstandes
mit der Messeinrichtung und dadurch mit der übrigen Welt ins Spiel
gekommen ist. Der Übergang ist nicht verknüpft mit der Registrierung des
Beobachtungsergebnisses im Geiste des Beobachters. Die unstetige Änderung der
Wahrscheinlichkeitsfunktion findet allerdings statt durch den Akt der Registrierung;
denn hier handelt es sich um die unstetige Änderung unserer Kenntnis im Moment der
Registrierung, die durch die unstetige Änderung der Wahrscheinlichkeitsfunktion
abgebildet wird. ... Sicher enthält die Quantentheorie keine eigentlich subjektiven Züge,
sie führt nicht den Geist oder das Bewusstsein des Physikers als einen Teil des
Atomvorganges ein. Aber sie beginnt mit der Einteilung der Welt in den Gegenstand
und die übrige Welt und mit der Tatsache, dass wir jedenfalls diese übrige Welt mit den
klassischen Begriffen beschreiben müssen. Diese Einteilung ist in gewisser Weise
willkürlich und historisch eine unmittelbare Folge der in den vergangenen
Jahrhunderten geübten wissenschaftlichen Methode. Der Gebrauch der klassischen
Begriffe ist also letzten Endes eine Folge der allgemeinen geistigen Entwicklung der
Menschheit. Aber in dieser Weise nehmen wir doch schon auf uns selbst Bezug, und
insofern kann man unsere Beschreibung nicht vollständig objektiv nennen.
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dass man sich damit abgefunden hat, mit nicht mehr anschaulich vorstellbaren Dingen sich auseinandersetzen zu müssen, könnte man vielleicht gerade
noch durchgehen lassen (wir allerdings lassen uns so schnell nicht beirren). Wer jedoch auf dem besten Wege sich befindet, die Logik über Bord zu
werfen, der schreckt vor gar nichts mehr zurück. Dann - bitteschön - mögen jene, die schon der Logik nicht mehr trauen, doch sagen, welchen
verstandesgemäßen Dingen man überhaupt noch vertrauen kann. Dies wäre das unrühmliche Ende des einst ach so gepriesenen Rationalismus und
der Beginn (eigentlich stecken wir längst schon drin) des „wissenschaftlichen Okkultismus“!
Verbinden wir unsere bisherigen Erfahrungen mit der Tatsache, dass wir es mit Gegensätzlichkeiten zu tun haben, die sich allein schon in der
Tatsache widerspiegeln, dass die logische Kluft zwischen der Physik der makroskopischen Körper und der Physik des Mikrokosmos eine
unüberbrückbare ist, so wäre dies - bei unvoreingenommener Betrachtungsweise - ein wirkliche zwingender Grund, sich über die Ursprünge dieser
Widersprüche Gedanken zu machen. Die Angelegenheit wird auch dadurch nicht bereinigt, dass die mathematischen Formalismen mit einigen
quantitativen Beziehungen durchaus zurechtkommen; doch sie erklären nichts.
Eines dieser mathematischen Modelle ist die Wellenmechanik Schrödingers. Im Gegensatz zu den „echten“ elektromagnetischen Wellen haben wir
es mit Wahrscheinlichkeitsfunktionen zu tun, deren gängige Deutung, wie ich gerade zeigte, zu logischen Ungereimtheiten führte. Aus einer „über den
Raum verschmierten“ Aufenthaltswahrscheinlichkeit wird ein „Punktereignis“, welches auch einen Namen erhielt. Der Übergang von der einen
Realität zur anderen nannten wir „Kollabierung der Wellenfunktion“. Diese Wortschöpfung kann ebensowenig, wie andere es ebenfalls nicht konnten
, die logische Zerrissenheit heutiger physikalischer Theorien beseitigen. Zudem möchte ich an diese Stelle schon auf eine gewisse Symmetrie
hinweisen, die aus dem in vieler Hinsicht gleichwertigen oder wenigstens vergleichbaren Verhalten der klassischen Elementarteilchen und dem der
Quanten folgt. Sind wir konsequent, so dürfen wir nicht vergessen, dass das Licht - wie auch immer man es erklären möge - wirklich existiert und
seine Ausbreitung bekannten und wohlerforschten Gesetzmäßigkeiten folgt.
Gibt es nun die klassischen elektromagnetische Felder Maxwellscher Prägung oder „nur“ die - wie auch geartete und interpretierte - statistische
Deutung der Quantenmechanik? Entweder - oder. Ein Dazwischen ist - logisch - nicht möglich! Akzeptieren wir die gängige statistische
Interpretation - wie auch immer man noch zu differenzieren in der Lage ist - der Quantenmechanik, so müssen wir uns konsequenterweise von den
klassischen Feldern als real vorhandene Gegebenheiten trennen. Dann sind letztere - ich behauptete es schon - nichts anderes als (transformierte)
mathematische Modelle zur Erfassung quantitativer Relationen aber keine eigenständigen Qualitäten mehr. Dann aber - auch wenn es noch so
schwer fällt - gibt es keinen Grund mehr, an die selbständige Realität der elektromagnetischen Wellen und der Felder überhaupt im herkömmlichen
Sinne noch zu glauben.
Gibt es nun das Photon - was auch immer das sein möge - oder nur ein nicht genau definierbares Etwas, welches sich das eine Mal so und einmal
völlig anders verhält? Gibt es nur Energie, die ohne materielles Substrat auskommt, indem sie selbst die wahre Materie verkörpert? Diese Fragen
werden nicht dadurch „ungültig“, indem man sie als unsinnig abtut, nur weil man nicht in der Lage ist, einigermaßen einsichtige Antworten zu geben
oder logische Brücken zu bauen, oder wenigstens bereit wäre, zuzugeben, dass man sich von der Wahrheit mit aller Wahrscheinlichkeit immer mehr
entfernt oder sich zumindest nicht nähert. (Mit Aspekten der „materialisierten Energie“ werden wir in der Speziellen Relativitätstheorie konfrontiert;
ein triftiger Grund, um diese Thema keinen Bogen zu machen.)
Ist Erkenntnis möglich? Ja oder nein?! Die Physiker sagen „ja“ und handeln „nein“!
Tatsache: Es gibt keine Aussicht, das scheinbar so simple Doppelspaltexperiment zu interpretieren und dabei alle bekannten Fakten -
und das in logisch geschlossener Form - zu berücksichtigen! Einige dieser - absolut unbestreitbaren!!! - Tatsachen sind:
- Es gibt elektrische und magnetische Erscheinungen.
- Beide eben genannten Phänomene bilden eine Einheit.
- Über die Realität von Wechselbeziehungen, welche sich mit dem Maxwellschen Formalismus beschreiben lassen und „elektromagnetische
Wellen“ genannt werden besteht kein Zweifel. (Ich habe hier ganz bewusst eine vorsichtigere Formulierung gewählt.)
- Dass der Energieaustausch auf atomarer Ebene sich nur sprunghaft vollziehen kann, muss als erwiesene Tatsache hingenommen werden. Die
Wechselwirkung der Lichtquanten mit Materie ist eindeutig diskreter Natur. (Wenn wir dies als Tatsache akzeptieren, sollten wir uns für die
Frage nach dem Warum auch nicht zu fein sein.)
- Alle Mikroobjekte legen unter bestimmten Bedingungen ein Verhalten an den Tag, welches im Rahmen der Denkweise der traditionellen
Physik nur Wellen zukommt (z. B. Interferenz).
- Alle Mikroobjekte legen unter bestimmten Bedingungen ein Verhalten an den Tag, welches im Rahmen der traditionellen Physik nur mit dem
Teilchenmodell erklärbar ist (z. B. die Wechselwirkung eines Photons mit einem Silberbromid-Molekül).
- Klassische Elementarteilchen und Quanten verhalten sich in Bezug zu unseren momentanen Überlegungen weitgehend identisch.
- Im Bereich der Quantenobjekte gilt nicht mehr der starre Determinismus. (Dieses Thema habe ich noch nicht beleuchtet, komme vielleicht
darauf nochmals zurück.)
In aller Deutlichkeit: Die Physik ist nicht in der Lage, diese Fakten (es gibt natürlich noch mehr) in einen logischen Zusammenhang zu bringen! Es gibt
keine einheitliche Erklärung für alle Befunde.
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